Durch den Ankauf von Staatsanleihen pumpt die EZB zusätzlich Billionen Euro in die Märkte. Sonst droht dem System der Kollaps. Der Preis: eine Geldflut. Irgendwo muss es dann hin, das viele Geld. etwa in Aktien und Immobilien, deren Werte stark steigen. Resultat: eine gigantische Vermögenskonzentration ganz oben. Bill Gates als reichster Mann der Welt besitzt 65 Milliarden Euro. Der Börsenwert seiner Aktien. Zum Vergleich: etwa 5 Billionen, also nur rund 100-mal so viel, ist die Summe allen Bargelds auf der Welt. Euro, Dollar, Pfund. 75 Billionen Euro ist der Wert aller Waren und Dienstleistungen, die im Jahr geschaffen werden. Das ist die reale Wirtschaft. Viel höher als die erwirtschafteten Güter sind Staats-, Unternehmens- und private Schulden. Die Welt lebt auf Pump. 705 Billionen ist der Wert aller Finanz-Derivate, der spekulativen Finanzwetten auf die Zukunft. Die haben fast nichts mehr mit realen Gütern zu tun. Zur Erinnerung: das ist das Vermögen von Bill Gates. Was passiert, wenn es zu viel Geld auf der Welt gibt? Für den Wirtschaftsfachmann Max Otte überschwemmt die billige Geldflut nicht nur grosse Banken. Niedrigzinsen sind für ihn Symptom einer massiven Erkrankung des globalen Finanzsystems. Mehr noch: billiges Geld gefährde die ganze Wirtschaft und fördere immer grössere Verschuldung. Wer meint, mit der Finanzkrise 2008 sei alles überstanden, täusche sich gewaltig. Die Geldflut ist extrem gefährlich, weil sie langsam kommt, aber dann brechen die Dämme. Dann haben wir die ganz grosse Krise. Die grösste Gefahr aber: die Flut des billigen Geldes spaltet unsere Gesellschaft. Sie schafft Geld von unten nach oben, sagt er. Eine gigantische Umverteilungsmaschine. Niedrigzinsen werden ja von etlichen Ökonomen gefordert. Staaten können sich so billig verschulden. Staaten nehmen weiter Kredite auf. Die Reichen können sich billig verschulden. Die können sich verschulden, ohne dafür zu haften. Wenn ich als Reicher ein Unternehmen kaufe, hafte ich nur mit dem, was ich kaufe, mit nichts sonst. Das ist eine eklatante Ungerechtigkeit gegenüber der Mittelschicht. Denn die Geldflut rettet nicht nur Staaten und Banken. Sie begünstigt die Reichen, die sich mit billigem Geld Aktien, Firmen und Immobilien kaufen, deren Werte rasant steigen, während die Geldanlagen der Normalbürger an Wert verlieren. Die Mittelschicht hat Geldvermögen, Sparbücher, -konten, Lebensversicherungen. Das sind die Leidtragenden der Niedrigzinsen. Die Armen und Ärmeren leiden dadurch, dass die Immobilienpreise steigen und damit auch die Mieten. In London, dem grössten Finanzplatz der Welt, kann man wie im Brennglas sehen, wie die Geldflut wirkt. Hier werden Billionen bewegt. 300.000 Finanzarbeiter versuchen, aus Geld noch mehr Geld zu machen. Londons Immobilienpreise schiessen in den Himmel. Hier sitzen alle grossen Banken. Hier ist das Geld der Reichen dieser Welt angelegt.
Roman Borisowitsch kennt die Immobilien, deren Preise explodieren. Dort, wo mittlerweile Millionäre von Milliardären verdrängt werden. Er kämpft gegen den Ausverkauf der Londoner City an Spekulanten. Er hat mit Kollegen anonyme Besitzer vieler Immobilien recherchiert. Und als ehemaliger Banker kennt er die Preisentwicklung. Das sind alte Kutschhäuser. Es hängt von der Grösse ab, wie teuer sie sind. So zwischen 5 und 7 Mio. Pfund in dieser gefragten Gegend. Die Häuser wären ideal für Familien. Aber wer kann sich ein Haus für 5 oder 7 Mio. Pfund leisten? Die teuren Häuser - alle leer. Spekulationsobjekte. London gehört den Investoren, und die wohnen nicht hier. Diese Stadtvilla gehört einem ukrainischen Milliardär, hat Borisowitsch herausgefunden, Kaufpreis: 66 Millionen Pfund. Auf dem Papier ist die Villa im Besitz einer Briefkastenfirma. Über 40.000 Immobilien gehören Briefkastenfirmen, laut Grundbuch. Deren Besitzer bleiben anonym. Es können ehrenwerte Millionäre sein oder die Mafia. Ich nehme an, das ein grosser Teil des fremden Kapitals in London illegaler Herkunft ist. Überall wird gebaut.
Die Spekulation mit Immobilien hat die Stadt ergriffen. Billionen Euro von Russen, Deutschen, Chinesen, Indern stecken in London. Das kann nicht funktionieren. Eine Stadt, in der die arbeitende Bevölkerung nicht mehr leben kann. Die Immobilienblase wird platzen, aber keiner weiss wann. Immobilienblasen gibt es nicht nur hier, sondern auch in deutschen Städten. London ist überall. Wenn eine Immobilienblase platzt, trifft es Vermögende, die dort investiert sind. Und die haben breit gestreutes Vermögen. Die nehmen Chancen weltweit wahr. Sollte in München die Immobilienblase platzen, sind die in Rio oder Tokio oder sonst wo. Die agieren global, die Mittelschicht nicht. Wie bei der Finanzkrise 2008. Die Mittelschicht trifft es, die Vermögenden verdienen an Krise und Boom. Es hat sich nicht viel geändert. Von den Regulierungen der Finanzbranche merkt man in London nicht viel. Am weltweiten Finanzplatz Nr. 1 hecken die Finanzjongleure wieder neue Gewinnspiele aus. Transaktionen laufen unter dem Dach unkontrollierter Schattenbanken ab. Und die Boni für dicke Deals sprudeln wie eh und je. Mit dem Brexit werden die Regulierungen lockerer. The show must go on. Alf Townsend hat alles miterlebt. Seit 54 Jahren fährt er Taxi. Karrt die Banker und Broker in die City. Das Geschäft mit den Billionen der Welt sei doch der Trumpf der britischen Wirtschaft, freut er sich. Ist doch prima für London. Egal woher die Leute kommen. Wenn sie ihr Geld hier investieren, super für die britische Wirtschaft. Auch er hat mitverdient, dafür muss Alf weit draussen wohnen. Eine Mio. Pfund für eine Einzimmerwohnung, das kann sich kein normaler Engländer leisten. In der City lebt keiner mehr von uns Londonern. Alle haben ihr Haus verkauft, einen fetten Gewinn gemacht und wohnen jetzt irgendwo im Vorort. Und manche verlassen die City ganz und für immer. Geraint Andersson war einer der Finanzstars in London und lebt nun in Wales. Sein Bauernhof kostete so viel wie eine winzige Einzimmerwohnung in der Londoner City.
Aber er kam nicht nur deshalb her. Er hatte genug von den Exzessen rund ums Geld. Die City ist voller gieriger, skrupelloser, schlauer Leute. Auch wenn mehr reguliert wird, sie finden einen Weg, das System auszutricksen. Sie stellen sicher, dass es ihnen nutzt. Heute schreibt er Romane und Drehbücher aus der Welt der Finanzen. Früher hat er ein paar 100.000 Pfund im Jahr gemacht. Mit Zockereien, bei denen ihm egal war, wem sie schadeten. Das ist ein paar Jahre her. Aber es hat sich nichts geändert, meint Andersson. Das System belohnt, wer auf Kosten anderer dicke Geschäfte macht. Angenommen, ich mache waghalsige Spekulationen. Klappt es, gibts viel Geld. Klappt es nicht, ist nur der Job weg, das ist alles. Ein asymmetrisches Risiko. Es begünstigt einfach das schnelle Zocken. Andersson ist sich sicher, dass das Finanzsystem weiter wuchert und immer weiter gefüttert wird. Hohe Gewinnaussichten, niedrige Kreditzinsen, Geldflut, das hält der Aussteiger aus der Finanzwirtschaft für eine brandgefährliche Mischung. Ein Schneeballsystem: Finanzfirmen leihen sich gegenseitig Geld. Und verdienen Geld damit, indem sie es weiterverleihen. Und immer so weiter. Das heisst, wir haben ein System, in dem keiner das Geld hat, das die vielen Kredite absichert.
Sollte das System mal zusammenbrechen... ...dann gute Nacht! Eine Steuer auf spekulative Finanzgeschäfte könnte das Karussell bremsen. Diese Finanztransaktionssteuer müsste aber global eingeführt werden. Doch schon die Schmalspurversion mit nur 10 EU-Staaten ist nach jahrelangen Verhandlungen gescheitert. Obwohl sich Schäuble für die Steuer eingesetzt hat. Grossbritannien war dagegen und wird es in Zukunft erst recht sein. Der Finanzplatz London würde leiden. Fatal, denn diese Steuer wäre die notwendige Operation für das kranke Finanzsystem. Das Fluten der Welt mit billigem Geld durch die EZB und andere Notenbanken heilt nicht. Es ist nur ein Schmerzmittel, hat aber auf Dauer schwere Nebenwirkungen. Es ist ein System, das sich immer wieder über die Zeit rettet, aber irgendwann zusammenbrechen muss. Bis dahin vergrössert es die enorme Ungleichheit: Wer schon hat, profitiert.
Wenige Superreiche besitzen zusammen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Die Geldflut spaltet die Welt immer mehr in arm und reich. Und Menschen wie sie hadern mit den Niedrigzinsen. Karlheinz Eich und seine Freunde machen sich Sorgen. Früher erschien die Welt den Sparern als wahres Paradies. Die Konjunktur brummte, die Zinsen waren hoch, die Inflation allerdings auch. Trotzdem, das Motto für Generationen war: wer spart, hat mehr vom Leben. Früher konnte man kalkulieren. Man hatte ein Sparbuch mit einem gewissen Zinssatz Damit konnte man arbeiten. Das ist heute nicht mehr der Fall. In den 70er-Jahren kriegten wir für Festgeld 7 %. Einmal 11 %, das weiss ich noch. Das war mal 'ne kurze Zeit. 11 %! Karlheinz Eich hat einen Termin bei seiner Volksbankberaterin. Was tun mit seinem Geld? Hallo, Frau Dreissigacker. - Und, wie geht's? Ja, Frau Dreissigacker, ausser dem Konto hier ist im nächsten Jahr 'ne Lebensversicherung fällig.
Da wollte ich direkt mal mit Ihnen reden, was wir da u. U. machen können. Melanie Dreissigacker klärt die Risikobereitschaft von Herrn Eich. Er will eigentlich auf Sicherheit setzen, sein Geld aus der Lebensversicherung breit streuen. Auf dem Sparbuch, das weiss auch er, verliert das Geld täglich an Wert. Da wir so gut wie keine Zinsen mehr haben, muss man schauen, wo man noch mehr Ertrag generieren kann. Das hiesse, man müsste schon irgendwie in Aktien... Aktien, Aktienfonds, wie Sie das schon kennen, Immobilienfonds, wie Sie das kennen. Mehr in Immobilien und Aktien investieren? Die Volksbank sagt ja, und was bleibt ihm anderes übrig in diesen Zeiten? Unwohl ist mir nicht, wohl auch nicht, so in der Mitte. Aber bisher habe ich gute Erfahrungen gemacht. Aktien, Immobilienfonds? Höheres Risiko? Ob er will oder nicht, Karlheinz Eich muss auch im Spiel der grossen Finanzwelt ein bisschen mitspielen. Dort herrscht Partylaune. Grosse Konzerne kaufen dank niedriger Kreditzinsen die Konkurrenten auf und steigern den Aktienkurs. Davon profitieren nur die Aktionäre, in der Regel die Vermögenden.
So kauft der deutsche Chemieriese Bayer den US-Saatgutkonzern Monsanto. Kaufpreis: 65 Milliarden Euro. Der weltgrösste Brauereikonzern AnhäuserBusch Inbev übernimmt den Branchenzweiten, den Bierkonzern SAB Miller, für über 100 Milliarden Euro. Der Software-Riese Microsoft kauft das Karriereportal linkedin für 26 Milliarden. Unternehmen als Spielmasse internationaler Finanzinteressen. Das gibt es auch um die Ecke. Im schwäbischen Geislingen residiert seit 137 Jahren die Traditionsfirma WMF, eine Marke von Weltruf, Hersteller von Bestecken und Kaffeemaschinen. Früher einmal in der Hand deutscher Besitzer und Aktionäre. Tausende Arbeitsplätze boten zahlreichen Familien Sicherheit. Bis die WMF in den Fokus der Geldjongleure geriet. Die Firma wechselte in den letzten elf Jahren dreimal den Besitzer. Mit jedem Verkauf steigerte sich der Preis enorm. Dabei verschlechterten sich Arbeitsbedingungen und Löhne. Es gab heftige Proteste. Seit die schwäbische Traditionsfirma von der französischen Group SEB übernommen wurde, hat Martin Purschke die Hoffnung, dass es endlich besser wird. Er ist IG-Metall-Bevollmächtigter und macht sich auf den Weg zur Betriebsversammlung der WMF. Er findet es symptomatisch, wie leicht ein milliardenschweres Geschäft zu machen ist. Weil Investoren bei grossen Banken so gut an billiges Geld kommen. 1,6 Milliarden Euro bezahlte der neue Eigentümer. Wie einfach ist es für Investoren, über den Auf- und Verkauf eines Unternehmens so grosse Gewinne zu erzielen. Das erzielt man nie durch normalen Geschäftsbetrieb. Die Frage ist für mich, inwieweit das schadet, zu was für einem Spielball auch die Arbeitsplätze werden. Betriebsversammlung in unruhigen Zeiten bei der WMF.
Wie geht es weiter mit dem neuen WMF-Eigner?
In der Vergangenheit haben sie schlechte Erfahrungen gemacht. Wir sind gemolken worden wie die Kuh, bis Blut kommt. Wenn nichts mehr zu holen ist, gibt man das Ding her. Ist doch schon seit Jahren so, jeder macht sich die Taschen voll. Wir können nur hoffen, dass endlich Ruhe einkehrt. Immerhin hören die Mitarbeiter, dass die neuen Käufer die WMF nicht weiter ausschlachten und weiterverkaufen wollen. Aber eines ist auch dem IG-Metall-Vertreter Purschke klar: Nur weil die Kreditzinsen extrem niedrig sind, können solche Deals überhaupt finanziert werden. Bei der WMF lief das Geschäft so: Die Amerikaner von KKR kauften die WMF für rund 660 Mio. Euro über eine Tochterfirma mit Sitz in einer Steueroase. Dafür setzten sie 100 Millionen Eigenkapital ein und liehen sich 560 Millionen von den Banken. Nach vier Jahren verkauft KKR die WMF an die Französische SEB. Für 1,6 Milliarden, aufgenommen mit sehr niedrigen Zinsen. Gewinn für KKR nach Abzug des Kredits: 940 Millionen Euro. Bei nur 100 Millionen Kapitaleinsatz. Eine Rendite von über 800 %. Ein Riesengeschäft, aber nur für KKR-Aktionäre. Möglich ist das deswegen, weil genug Geld da ist auf dem Weltmarkt. Deswegen sind die Möglichkeiten von Investoren da, solche Preise zu bezahlen. Sonst könnten solche Volumina gar nicht gestemmt werden. Kredite fast zum Nulltarif, das ist die Kehrseite der Geldflut. Finanzinvestoren machen so Geschäfte, die früher, in einem regulierten Finanzsystem, undenkbar waren. Heute wünschen sich viele diese Zeiten zurück. Die Entfesselung der Geldwirtschaft hat eine lange Vorgeschichte. Bis 1971 ist die Welt finanziell im Gleichgewicht. Die Währungen sind mit Gold gedeckt, die Realwirtschaft steht mit der Geldmenge in Balance. Dann braucht US-Präsident Nixon Dollars für den Vietnamkrieg und lässt die Geldpresse anwerfen. Auch weil die OPEC-Scheichs den Ölpreis erhöhen. Dieses Geld flutet daraufhin nun die Welt.
Die Banken denken sich neue Anlagemodelle aus: nicht mit Waren, nur mit Geld wollen sie noch mehr Geld machen. Der Anfang der Finanzbranche von heute. Kreditkarten und Girokonten beschleunigen Finanzgeschäfte. Mit dem Zauberwort Liberalisierung werden ehemals öffentliche Aufgaben, wie etwa die Altersversorgung, privatisiert. Die Privatwirtschaft kann alles besser. Angeblich. Neue Billionen kommen ins Spiel. In London entfesselt Maggie Thatcher die Banken und in den USA Bill Clinton die Wall Street. Auch Gerhard Schröder setzt auf die Karte Liberalisierung. Geld soll noch mehr Geld verdienen und so für Wachstum sorgen. Das globale Casino ist eröffnet. Der Liberalisierungsweg war ein Irrweg. Das Wort Liberalisierung ist schon schief. Wenn ich Märkte, die geordnet gehören, entfessele, ein Chaos entfessele und eine Geldlawine auf die Welt loslasse, kann man das so nennen. Aber es war eine Interessenpolitik, und wir sehen, in wessen Interesse, in dem der Reichen. Und es hat die Welt in etliche Schwierigkeiten geführt. Mit der Liberalisierung explodieren die Geschäfte der Banken. Sie agieren jetzt international. Grossbanken werden zu Investmenthäusern, die Megadeals finanzieren. Immer mehr Geld geht in Spekulationsgeschäfte. Dort werden satte Gewinne gemacht. Mit realer Wirtschaft hat das immer weniger zu tun. Sind nur die Notenbanken für die Geldflut verantwortlich? Oder woher kommt das viele Geld? In Siegen beschäftigen sich Wirtschaftstudenten genau damit. Was wissen die Leute über die Herkunft des Geldes? Das wollen sie rausfinden. Es geht um Geld. Wir machen ein Forschungsprojekt. Was bedeutet für Sie Geld? - Ohne Geld geht gar nichts. Woher kommt denn das Geld? (lacht) Auf jeden Fall nicht von mir. Wie wird Geld überhaupt erschaffen? Durch Arbeit natürlich. Weiss ich nicht. Es kommt aus der Bank. Der Staat, wer sonst? Dazu kann ich nichts sagen. Da bin ich überfragt. Das Fazit: eher ernüchternd. Das war sehr unterschiedlich. Viele wussten nicht, wer das herstellt. Es hiess Bank, oder es wird gedruckt. Manipulation war auch hier und da ein Thema. Aber die meisten wussten gar nicht, wo es herkommt. Finanzfachmann Helge Peukert ärgert, dass in Wirtschaftswissenschaften Geld kaum eine Rolle spielt. Es gilt vielen nur als neutrales Tauschmittel. Nicht nur in der Öffentlichkeit gibts da grosse Unklarheit, was die Umfrage der Studenten heute gezeigt hat. Auch im Bereich der Wissenschaft, bis hinein in Bankenvorstände, scheint Geldschöpfung eine mysteriöse Angelegenheit zu sein. Das Schweigen der Banken hat Gründe. Sie müssten ihren Kunden erklären, dass sie selbst Geld schöpfen und davon gewaltig profitieren, erklärt Peukert seinen Studenten. Geld sei eben nicht neutral. Nicht die Notenbanken, die privaten Banken schaffen das meiste neue Geld. Das nennt sich Giralgeldschöpfung. Geld kommt in die Welt, indem jemand bei der Bank einen Kredit aufnimmt. Dann eröffnet die Bank ein Konto und schreibt diesen Betrag gut als Kredit. Dann hat sie eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kreditnehmer und hofft, er zahlt ihn zurück. D.h. der ursprüngliche Impuls zur Geldmengenschaffung geht von den Privatbanken aus. Das ist neu für die meisten. Viele sind der Meinung, dass ein Kredit so funktioniert: Sparer bringen ihr Geld zur Bank. Die Bank verleiht dieses Geld dann an einen Kunden weiter, z.B. einen Häuslebauer oder einen Industriebetrieb. So ist es aber nicht. Wenn jemand spart, wird dieses Geld quasi auf dem Konto stillgelegt. Man kann es nicht abheben. Vergibt die Bank einen Kredit, wird das aus dem Nichts geschaffen. Beide Vorgänge haben im Prinzip nichts miteinander zu tun, obwohl es so aussieht und in Lehrbüchern steht. So funktioniert es: der Kunde möchte einen Kredit über 10.000 Euro. Seine Bank muss dafür 1 bis 3 % also mindestens 100 Euro, bei der Zentralbank als Reserve hinterlegen. Das ist alles. Dafür darf seine Bank quasi per Knopfdruck die Kreditsumme von 10.000 Euro auf das Konto des Kunden überweisen. Die Bank schöpft also aus 100 Euro 10.000 Euro elektronisches Geld und kassiert dafür Zinsen. Die Giralgeldschöpfung: eine Lizenz zum Geldverdienen. Die Banken sind froh, Geld schöpfen zu können, Das gibt ihnen einen Spielraum, und sie kassieren die "Seignorage", den Geldschöpfungsgewinn. Ein paar Milliarden im Jahr. Wer würde darauf verzichten? Die nicht! Die Tatsache, dass Privatbanken Geld auf Knopfdruck erschaffen können, war früher das Münzprivileg. Das hatten Fürsten und Staatsmänner. Das ist ein Privileg aus dem Nichts, Geld und Gewinne zu scheffeln. Das hat die Finanzbranche seit langer Zeit, in den letzten Jahren ungehemmt. Das muss man überdenken, ob das sinnvoll ist. V.a. die Grossbanken haben mit dieser Giralgeldschöpfung die Geldflut gewaltig vergrössert. Um das Finanzsystem zu bändigen, könnte den privaten Banken das Privileg zur Geldschöpfung genommen werden. In der Schweiz tut sich schon was. Bankenplatz Zürich. Heute wirbt eine Initiative dafür, die Schweizer Banken in die Schranken zu weisen. Alles Geld soll nur noch von ihrer Nationalbank geschöpft werden dürfen. Und nicht mehr von den privaten Banken. Die Vollgeld-Initiative tritt für sicheres, voll gedecktes Geld ein. Schluss mit dem Privileg der Grossbanken, elektronisches Geld auf Knopfdruck in die Welt zu bringen. Reinhold Harringer war früher Stadtkämmerer in St. Gallen. Er hat verstanden, dass es mit uferlosen Krediten und Schulden nicht weitergehen kann. 90 % des ganzen Geldes sind nur noch Zahlen in Computern. Dieses Geld wird von den Banken produziert. Das ist das, was uns Bauchweh macht und was wir ändern möchten. Aller Anfang ist mühsam. Aber die Mitglieder der Initiative treffen bei vielen den Nerv: ein Misstrauen ins herrschende Finanzsystem. Die Grossbanken produzieren mit der Geldschöpfung eine Kredit- und Schuldenspirale. Ich bin früherer Banker, jetzt pensioniert. Ich kann nicht mit Stolz sagen, dass ich mal Banker war. Das ist eine Spielbank. Es wird manipuliert von allen Seiten. Geldmacherei ist Diebstahl. Ja, Diebstahl an uns und der Zukunft unserer Kinder. Bisher kassieren v.a. grosse Banken die Gewinne aus der Geldschöpfung.
Die Vollgeld-Initiative will, dass diese Milliardenprofite den Schweizer Bürgern zufliessen. Nur ihre Nationalbank soll Geld schöpfen dürfen. Wir wollen den Banken das Recht nehmen, Geld zu schöpfen. Wir nehmen ihnen keinen Geschäftszweig weg. Sie machen weiter Kreditgeschäfte. Sie verwalten Vermögen, machen den Zahlungsverkehr, Das bleibt bei den Banken. Aber ihre Nationalbank soll künftig die Schlüsselrolle spielen. Private Banken dürfen nur Kredite vergeben, wenn sie das Geld auch im Tresor haben. Zu 100 % abgesichert. Keine Giralgeldschöpfung mehr für die Privatbanken. Auch die Zinsgewinne aus diesem Privileg kommen dann der Nationalbank zugute. Gewinner dabei: die Allgemeinheit. Deren Wohl ist die Nationalbank ohnehin verpflichtet. Wie geht es weiter? Das Vollgeld kommt in die Volksabstimmung, vielleicht schon dieses Jahr. Aber auch in Island, England oder in Deutschland arbeiten ähnliche Initiativen daran, das Geldsystem auf gesunde Beine zu stellen. Die Kritik am bestehenden Finanzsystem wächst. Die Initiative will, dass Geldschöpfung der Realwirtschaft dient. Schluss mit Giralgeldschöpfung durch private Grossbanken.
Mit den offenen Geldschleusen schafft man die neue Krise. Das ist ein Problem. Wenn man eine Vollgeld-Reform in die Wege leiten würde, wäre das in Zukunft so nicht mehr möglich. Geldschöpfung soll staatlich kontrolliert werden und nicht mehr in der Hand der privaten Banken liegen. Milliarden Zinsgewinne werden dann der öffentlichen Hand zufliessen. Ich unterstütze die diversen Vollgeld-Initiativen. Die Banken können dann eben kein neues Geld mehr schaffen, sondern müssen mit dem arbeiten, was sie an Einlagen haben. Das ist ein guter erster Schritt zur Begrenzung der Giralgeldschöpfung. Es reicht nicht, aber es ist wichtig auf dem Weg zu einem faireren System. Es ist absurd. Die Welt wird überschwemmt mit billigem Geld. Anderswo dagegen kommt gar nichts an. Wo zunächst keine dicken Profite zu erwarten sind, aber Mehrwert für die Zukunft unsere Gesellschaft. Wir sind im Münchener Impact Hub, einem Bürokomplex für Startups. Ein Dach für Firmen, die innovative Ideen haben. Neue Techniken, nachhaltige Lösungen für unsere Probleme. Aber genau hier fehlt das Geld. Laurin Hahn und sein Team z.B. bauen an einem Auto der Zukunft. Genauer: am SION, einem Elektro-Kleinwagen, der sich einen Teil seines Stroms selbst besorgt.
Er soll seinen Strom aus Solarzellen ziehen, die aussen auf der Karosserie sitzen und gut geschützt sind. Zusätzlich zum Batteriestrom. Ein preiswertes Elektroauto, das besonders ökologisch unterwegs ist. Die Entwicklung des SION kostet Geld. Und eben dieses Geld will keine Bank geben, hat Laurin Hahn erlebt. Startups wie seines bekommen von Banken keinen Kredit, obwohl doch mehr als genug Geld da ist. Banken kommen nicht in Frage. Wir sind zu risikoreich. Das liegt daran, dass die Banken lieber in Infrastruktur oder sonstiges investieren, was sehr langlebig und sicher ist, wo es immer auch einen Gegenwert gibt. D.h. geht unsere Firma morgen pleite, ist kaum was zu holen. Laurin Hahn musste Geld von privaten Gebern via Internet sammeln, Risikokapital. Auch sie brauchen Geld für ihre Unternehmensidee. Sie bauen eine grüne Versicherung auf, die ihr Kapital nur in ökologische und soziale Projekte investiert. Auch das eine Idee mit gesellschaftlichem Mehrwert. Aber Kredit von einer Bank? Viele institutionelle Investoren verlangen einen "Track Record", also eine Vergangenheit, dass wir am Markt waren und schon Erfolg bewiesen haben. Wir kommen aber ohne Geld vorher nicht an den Markt. Keine Kredite für ihre Projekte. Das grosse Thema der Jungunternehmer. Das viele billige Geld kommt bei ihnen nicht an. Im Kern geht es nicht um Geld, sondern ums Möglichkeiten schaffen, dass Menschen, die was tun wollen, was tun können. Wenn man da nicht weiter investiert oder Startups nicht an Geld kommen, und sich nicht entwickeln können, wandern die ab. Hier sitzen lauter Gründer, die Nachhaltiges voranbringen wollen. Produkte, wo man von vornherein die Folgen für Mensch und Umwelt sieht und überlegt: Wie kann ich damit einen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen? Ich finde es einen Skandal, dass solche Firmen so schwer an Fördermittel kommen. Sei es bei Banken oder grossen Investoren. Karlheinz Eich in Bad Bodendorf investiert ganz klassisch. Er hat das Geld seiner Lebensversicherung bekommen. Und sich entschieden. Mit Malermeister Schmickler schaut er sich sein Haus an. Einen Teil des Geldes will Eich in die Renovierung stecken. Sachanlage: eine Strategie, die Niedrigzinsen zu umgehen. Man muss das Geld ja anlegen. Auf der Bank bringts ja nichts mehr. Deswegen hab ich mich entschlossen, das jetzt zu machen.
Aber die Renovierung schluckt nicht das ganze Geld der Eichs. Einen Teil hat er in Fonds und Aktien bei der Volksbank angelegt. Nach langer Beratung, schliesslich gehts ins Risiko. Ich bin da zuversichtlich, dass es ein paar Zinsen abwirft, mehr als auf dem Sparkonto. Karlheinz Eich hat zuletzt gemerkt, wie wichtig es ist, sich um Geldfragen zum kümmern. Die Zeiten, als man die Verantwortung in der Bank abgeben konnte, die sind vorbei. Vielleicht hat er ja noch Glück, aber eines ist sicher: das kranke Finanzsystem wird uns noch viel Geld kosten. Ungeschoren wird keiner aus der Situation rauskommen. Wir haben auf Pump gelebt. Es wird zu Vermögensverlusten kommen müssen. Das jetzige Finanzsystem führt uns wahrscheinlich in die nächste Katastrophe. Wir brauchen ein anderes System, aber es reicht, wenn wir uns besinnen auf das, was wir hatten: stark regulierte Finanzmärkte, einen Bankensektor unter Kontrolle mit einer dienenden Aufgabe. Wir müssen das Finanzsystem endlich zügeln. Aber unter Trump passiert in den USA genau das Gegenteil. Um das System für die Menschen sicherer zu machen, könnte Vollgeld ein Baustein sein. V.a. die gewaltigen Staatsverschuldungen müssen weg. Nur so wird die Geldflut eingedämmt und die Kreditspirale durchbrochen. Deshalb braucht es internationale Schuldenkonferenzen. Staaten erlassen sich gegenseitig ihre Schulden. Zahlen werden wir Bürger dafür. Dann müssen sich grosse Banken mit noch mehr Eigenkapital absichern.
Finanzgeschäfte müssen mit einer globalen Transaktionssteuer belegt werden. Und für unsere Zukunft sollte Geld auch dorthin fliessen, wo es der Gesellschaft nützt. Zu lange schon bestimmen die Interessen der Finanzindustrie Politik und Gesellschaft. Trump und Brexit dürften das noch befeuern.
Dabei ist Geld viel zu wichtig, als dass wir es allein den Banken überlassen sollten.
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Die grosse Geldflut - der Milliardendeal
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Professor Harald Lesch, Astrophysiker, spricht über Zahlen bei denen selbst ihm schwindelig wird. Seit 20 Jahren, er weiss wovon er redet.
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Heute ist doch alles besser. Laut dem TV-Spot der Kantonalbanken schickt man das Geld zur Arbeit - ähh - oder glaubt das jetzt auch schon wieder niemand mehr?
Nein? Schon eher die wundersame Vermehrung - nach der Meinung der internationalen Investment Firmen.
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Waaaahnsinn - den Report des ARD will kein Realpolitiker sehen. Jeder der sagt "Wirtschaft sind wir alle" vehöhnt jeden anständigen Bürger!
Früher war die Welt noch in Ordnung als uns die Lehrer sagten, dass Arbeit und Kapital gleichwertig und voneinander abhängig seien.
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